Revolution im Souterain durch neueste 3D Drucker

Schwäbisches Tagblatt
Wirtschaft im Profil Ausgabe 3
Text: Matthias Stelzer

DREI DIMENSIONEN Eigentlich sieht das Büro von Daniel Nedele aus wie ein einfaches Konstruktionsbüro. Wäre da im Souterrain der Glemser Handschuh-Firma Seiz nicht dieser eine Raum. Er könnte ein Austragungsort der nächsten industriellen Revolution sein. Denn in ihm laufen die 3D-Drucker der Firma 4D Solution.

Hier werden Werkstücke nicht mehr gehobelt, gebohrt und gefräst bis sie die gewünschte Form haben oder in vorgefertigte Formen gegossen. Bei Daniel Nedele werden Bauteile und Prototypen Schicht für Schicht aufgebaut. Im 3D-Druckerraum, der auf den ersten Blick etwas an eine Mischung aus Maschinenpark und Automaten-Kantine erinnert, werden aus feinem Polyamid-Pulver Bauteile für Maschinen, die in der Autoindustrie laufen oder Prototypen von Werkteilen, die später einmal in der Spritzgusstechnik massenweise hergestellt werden sollen. „Für Kleinserien und komplizierte Bauteile ist der 3D-Druck ideal“, sagt Nedele. Der Maschinenbau-Ingenieur, der sich 2007 als Konstrukteur und 3D-Druck-Dienstleister selbstständig gemacht hat, ist überzeugt: „Den traditionellen Maschinenbau wird diese Technik revolutionieren.

“Beim Mittelstand der Region müsse man auf den Siegeszug des dreidimensionalen Druckens zwar noch etwas warten, aber Daniel Nedele macht mit seinem Druckerpark bereits ein Drittel seines Umsatzes. „Firmen wie Bosch oder Wafios haben die Stärken der Technik bereits erkannt“, sagt der 36-Jährige. Und erklärt: „Man kann Sachen bauen, die nicht mehr zu fräsen sind.“ Die Beispiele, die Nedele auf den Konferenztisch seines Büros legt, sind beeindruckend: Zwei Kugeln, die ineinanderlaufen hat er zu Demonstrationszwecken ausgedruckt und ein Uhrwerk: viele unterschiedliche Zahnräder, die den Drucker im Nebenraum an einem Stück verlassen haben.

Alles was der Jungunternehmer neben dem Drucker braucht, ist ein 3D Datensatz. Eine Datei, die den Körper als Polygonnetz darstellt. Am besten im Standard-Format STL. Auf Basis dieser Daten schmelzt der Drucker Polyamid-Pulver ein und baut den Körper in Schichten auf, die nur einen Zehntelmillimeter dick sind. Fused Deposition Modeling und selektives Lasersintern heißen die gängigsten 3D-Druckertechniken. Im Lasersinter-Verfahren können inzwischen aber auch Metallbauteile ausgedruckt werden. Mit einem Laser wird dabei Metallpulver gesintert.

Bekannt wurde das Metall-Druck-Verfahren zuletzt durch eine US-amerikanische Entwicklergruppe,der es gelungen ist ein vollautomatisches Gewehr auszudrucken. „Keine neue Technik ohne Risiken“, kommentiert Nedele die Möglichkeiten, die der 3D Druck bietet. So gibt es im Internet inzwischen einige Plattformen, auf denen digitale Pläne von Bauteilen ausgetauscht werden. Plandaten für Ersatzteile von gängigen Kinderwagen, fürs Zubehör von iPhones und für allerlei andere Produkte, die, ohne die entsprechenden Urheberrechte zu achten, nachgebaut werden können, gibt es dort.

Möglich macht das die Umkehrung: Mit einem 3D Scanner können physische Gegenstände digitalisiert und repliziert werden. Bei solch unbegrenzt oder zumindest unkontrollierbar erscheinenden Chancen wird in Innovationszentren und Forschungseinrichtungen immer öfters die „dritte industrielle Revolution“ ausgerufen. Die weltweite Gemeinde von engagierten Tüftlern könnte sich nach Wikipedia und Open Source Software nun der Produktion widmen, orakeln Wissenschaftler. Und der „Atlantic Council“, die bekannte US Denkfabrik mit Sitz in Washington, traut dem 3D-Druck sogar zu, eine „Ent-Globalisierung“ ins Rollen zu bringen. Als Massenphänomen könnte die Technik für die Welt der Hersteller ähnliche Folgen haben wie PC und Internet für die Welt der Information und Kommunikation. Die in Billiglohnländer ausgelagerten Produktionen könnten durch den 3D-Druck wieder in die wirtschaftsstarken Länder zurückkehren, vermutet der Think-Tank.

Vorstellen könnte sich das auch Daniel Nedele. Trotzdem tritt der Konstrukteur auch auf die Bremse. „Ich weiß aber nicht, ob wir hier im Schwabenland noch zu konservativ sind.“ Im Sondermaschinenbau komme man am 3D-Druck wohl bald nicht mehr vorbei, aber ansonsten dauere alles noch eine Weile: „Noch ist die geringe Geschwindigkeit eines größeren Drucks ein Problem“, sagt der 36- Jährige – und: „Richtig spannend wird es, wenn man mal Dichtungen und vergleichbare Verschleißteile massenhaft ausdrucken kann.“

Bis es soweit ist, sieht Nedele noch gute Jahre für seine 3D Dienstleistungen ins Land ziehen. „Natürlich werden irgendwann in jeder größeren Maschinenstraße 3D-Drucker stehen, auf denen man seine Bauteile ausdrucken kann. Aber die Anschaffung lohnt sich erst ab einer gewissen Mindeststückzahl.“

Firmen, die mit solch kleinerem Volumen arbeiten, lassen auch bisher schon bei 4D-Solution in Glems drucken. „Wir sind derzeit richtig gut beschäftigt“, sagt Nedele. Dabei spart sich der Betrieb mit drei festangestellten und bis zu vier zusätzlichen freien Mitarbeitern jegliche Akquise. Nedele: „Das läuft bei uns alleine übers Ranking bei Google.“ Und dort, im weltweiten Netz, beginnen Revolutionen inzwischen ja auch.

DIE TECHNIK DER NÄCHSTEN REVOLUTION

Ein 3D-Drucker (dreidimensionaler Drucker) ist eine Maschine, die computergesteuert dreidimensionale Werkstücke herstellt. Der Aufbau erfolgt aus einem oder mehreren flüssigen oder pulverförmigen Werkstoffen nach vorgegebenen digitalen Maßen und Formen und mithilfe von physikalischen oder chemischen Härtungs- oder Schmelzprozessen. Gegenüber allen Material wegnehmenden Verfahren wie schneiden, drehen, bohren hat das 3D-Drucken den Vorteil, dass der Materialverlust entfällt. Die wichtigsten Techniken sind das selektive Lasersintern für Metalle und Polymere, die Stereolithografie (bei der lichtaushärtende Kunststoffe mit einem Laser bearbeitet werden), das Digital Light Processing für flüssige Kunstharze und das Fused Deposition Modeling für ABS-Kunststoffe.

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